Samstag, 2. Februar 2013

Tag 12,13,14 "Tim & Kim Village"

Patrice und ich fahren mit einem Vormittags-Minibus von Debark nach Gondar. Da ja nun das Trekking ausfällt, nehme ich mir die Zeit, doch noch zu Tim&Kim nach Gorgora zu fahren. Wozu habe ich schließlich mein Zelt die ganze Zeit mit herumgeschleppt? ;)

Ich steige an der turbulenten Busstation in Gondar aus und frage herum, wann und wo die nächste Transportmöglichkeit nach Gorgora abfährt. Leider sagen alle dasselbe (wodurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass es stimmt) : "No transport today. Tomorrow morning!" Ich bin zu spät dran, dabei ist es doch noch nicht mal 14h!
Zwischendurch versuche ich immer wieder, bei Kim&Tim anzurufen, aber das Netzwerk ist mal wieder überlastet, und ich erreiche niemanden (auch meine diversen SMS brauchen am Ende länger nach Gorgora als ich selbst).

Ich bin überzeugt, dass es irgendwie möglich sein muss, in einem halben Tag diese 65km von Gondar nach Gorgora zu überwinden, und frage mich durch, ob es nicht einen Bus wenigstens in die richtige Richtung gibt. Einer der Fahrer erbarmt sich und zählt auf: Kola Diba, Chwahit, Gorgora. "But no transport." Aha, das wären also die Stationen. Ein Bus nach Kola Diba steht bereit, und ich wage es einfach. Irgendwie werde ich dann schon weiterkommen. Village-hopping.

In Kola Diba muss ich aussteigen und warten und bin die Attraktion auf dem Dorfplatz. Immer mehr Kinder stehen um mich herum und gucken nur und sagen nix. Hilfe, ich fühle mich etwas bedrängt: umringt von 30 neugierigen Pimpfen, die mir immer weiter auf die Pelle rücken und mich schweigend bestaunen. Sowas Neumodisches wie Personal Space kennt in Afrika keiner.
Ich habe einen Geistesblitz und frage in die Runde, wer denn Englisch spricht, und ob sie denn auf Englisch zählen können. Puh, sie zählen im Chor bis Zehn, und ich habe 10 Sekunden Zeit gewonnen ;) Dann lasse ich sie mir das Zählen auf Amharigna beibringen, das dauert auch noch mal ein paar Minuten. Und dann müssen sie es auf Deutsch lernen ;) Und dabei kommen wir nur bis Nummer acht, denn da rauscht plötzlich ein Truck über die Durchgangsstraße, dem ich wild winkend entgegenlaufe und auch tatsächlich eine Mitfahrgelegenheit ergattere.

Ich sitze also mit 4 fremden Männern in der Fahrerkabine, und mir schießt kurz die Möglichkeit durch den Kopf, dass die mich einfach verschwinden lassen könnten, und keiner würde es merken. Ich beruhige mich mit dem Gedanken, dass das halbe Dorf mich hat einsteigen sehen, und dann frage ich die Mitfahrer ausführlich nach ihrer Familie und ihren Kindern, denn wer sich nett unterhält, kommt auf keine bösartigen Ideen, so hoffe ich. Ganz albern und paranoid.
Völlig unversehrt und nur um 10 birr ärmer steige ich in Chwahit aus, bin sofort wieder von sämtlichen Dorfknirpsen umringt und wiederhole das bewährte Zahlenspiel.

Jemand versucht, mir für 150 birr einen Mitfahrplatz nach Gorgora auf einem Motorrad zu vermitteln, und ich will schon zustimmen, da kommt jemand anders mit einem Auto und bietet an, mich für 50 birr mitzunehmen. Er muss seine Tochter sowieso nach Gorgora bringen - das passt doch, und ich steige ein.

Vom Dorf aus ist es noch ein 10minütiger Fußmarsch, und dann bin ich endlich da:
Das Tim & Kim Village ist eine Mischung aus Campingplatz und Lodge mit schicken runden Bungalows oder fertig eingerichteten Zelten oder auch der Möglichkeit, mit der mitgebrachten eigenen Ausrüstung zu campen. Kim und Tim sind aus Holland ausgewandert mit dem Ziel, dieses nachhaltige Projekt zu verwirklichen, das auch der einheimischen Bevölkerung zugute kommt.
Mein Zelt findet ein gemütliches Plätzchen, sogar mit Blick auf den Lake Tana.
Die kleine Holzkabine mit dem rostigroten Fass auf dem Dach ist die Dusche :)
Ab dem zweiten Tag habe ich auch Gesellschaft auf dem Zeltplatz von François und Fabian, zwei Brüdern aus Frankreich, die aber in Deutschland leben ... oder so ähnlich.

Ich bleibe insgesamt drei Nächte. Die Zeit verbringe ich hauptsächlich mit essen und trinken, Konversation mit Mitreisenden, faulenzen, lesen, Tiere betüddeln, und ich unternehme immerhin auch eine Kanutour und eine dringend notwendige Klamottenwaschaktion im See.
Lieber Hund, leider habe ich Deinen Namen vergessen (irgendwas mit B*), aber ich fand Dich richtig toll!
Tia
Die vier Banditen ...
Merci, Francoise, pour cette photo!
Wir haben die ganze Zeit komisches Wetter; angeblich gab es im Sudan einen Sturm, dessen Auswirkungen sich hier mit einem wolkenbedeckten Himmel und ziemlich viel Wind immer in der zweiten Tageshälfte bemerkbar machen.

Ich führe entspannte Unterhaltungen mit Kim und Tim ... mit Richard aus Südafrika, der beruflich hier ist ... Françoise aus Belgien, die mehrere äthiopische Kinder adoptiert hat, und ihrem Fahrer Axum ... und Lotte, ebenfalls aus Belgien, mit der ich mich schon mal locker für Lalibela verabrede.

Abends sitzen wir alle zusammen an der langen Tafel im Open Air Restaurant und essen Kims leckeres Dinner. Und es gibt importierten Rotwein, mal was anderes als die äthiopischen Sorten Axumite und Gouder (obwohl ich die auch genossen hab).